Biersommelier sein, das klingt super, wer will das nicht? Aber was ist das überhaupt, ein Biersommelier? Was macht ein Biersommelier und was lernt man bei der Ausbildung? Zumindest die letzte Frage will ich euch mit meinen nächsten zwei Blogartikeln etwas näherbringen, denn ich habe im Mai die Ausbildung zur Biersommelière erfolgreich abgeschlossen. Da ich wenige Erfahrungsberichte online gefunden habe, möchte ich euch einen kleinen Einblick in die intensiven zwei Wochen der Ausbildung bei Doemens geben. Wie ich überhaupt zu Bier kam erzähle ich euch in meiner Bierstory.
Ein paar Eckdaten:
- Stattgefunden hat der Kurs hauptsächlich in Gräfelfing bei München. Doemens ist ein Fortbildungs- und Beratungsinstitut für die flüssige Lebensmittelbranche. Neben diversen Sommelier-Ausbildungen kann man hier auch Seminare & Brauausbildungen absolvieren.
- Die Ausbildung ging insgesamt zwei Wochen. Davon waren wir drei Tage in Bamberg. Es gibt aber auch Kurse die zweimal eine Woche dauern.
- Wir waren insgesamt 18 Leute. Viele mit Bierhintergrund aber auch viele, die aus Interesse dabei waren und (noch) kein Bier Business haben.
Tag 1 – Klare Flüssigkeiten & Spinnendiagramme
Es geht los!
Montag, 8 Uhr, Gräfelfing: ready to rumble! Langsam trudeln alle Teilnehmende in den Raum im 1. Stock des neuen Doemens Gebäudes ein. Jeder nimmt sich ein Namensschild und sucht sich einen Platz. An jedem Platz liegt schon der dicke Ordner mit den Kursinhalten. Ich schnappe mir einen Platz in der ersten Reihe und warte gespannt bis es losgeht.

Sensorik:
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde der 18 Teilnehmenden (ich bin übrigens die einzige Frau) geht es schon direkt los mit den Grundlagen der Sensorik (Beschreibung und Bewertung von Sinneswahrnehmungen). Sensorik ist nämlich ein wichtiges Element eines Biersommeliers. Da es um die Beschreibung der verschiedenen Aromen und Geschmäckern im Bier geht, gehört ein gutes Grundlagenwissen dazu. Von den verschiedenen Sinnesorganen über die aromatische Wahrnehmung kommen wir zur ersten Verkostung. Jedoch kein Bier sondern erstmal die Grundgeschmacksarten erkennen. Was einfach scheint, war doch faszinierend. Wir bekamen fünf Becher mit durchsichtiger Flüssigkeit und mussten sie bitter, sauer, süß, salzig und umami zuordnen.In der zweiten Runde bekommen wir farbige Flüssigkeiten und müssen den Geschmack erkennen. Wow! Das eine grüne Flüssigkeit nicht nach Waldmeister schmeckt sondern nach Himbeere muss man erst einmal verstehen. Nach einer Runde Aromen erkennen ist es dann soweit, die erste Bierverkostung!!!
Das erste Tasting – drei Pils
14:47, das erste Tasting unserer Ausbildung. Wir bekommen drei verschiedene Pils in den neuen coolen Verkostungsgläsern von Doemens und sollen die Biere bewerten. Noch etwas überfordert suche ich mir die Unterlagen raus und mache mir einen Plan:
– Wie sieht das Bier aus? (Sehsinn)
– Wie sind die Aromen? (Geruchssinn)
– Wie ist der Geschmack? (Geschmackssinn)
Danach geben wir unsere Ergebnisse digital ein und erhalten ein Spinnendiagramm über den Geschmack. Total faszinierend, denn obwohl es der gleiche Bierstil ist unterscheidet sich ein Pils stark von den anderen. Das Pilsner Urquell nach tschechischer Brauart riecht, schmeckt und sieht einfach anders aus als die typischen deutschen Pils.

Drei unbekannte Weizen
Im nächsten Tasting ging es um Weizenbier. Hierfür wurden wir in drei Gruppen aufgeteilt und bekamen jeweils ein Weizen. Dieses mussten wir sensorisch, wie vorher gelernt, beschreiben und einen Text darüber verfassen, den wir dann den anderen vorgestellt haben. Hier wurde auch schnell klar, dass Aromen und Geschmack sehr subjektiv wahrnehmbar sind. Wenn ihr also mal mit Freunden ein Bier probiert, dann werdet ihr schnell feststellen, dass jeder sehr viele unterschiedliche Dinge riechen und schmecken wird, probiert es gerne mal aus 😉
Auf ins Oktoberfestmuseum
Danach war die Theorie & Praxis (der Ausbildung :P) abgehakt und wir fuhren gemeinsam in die Münchner Innenstadt, denn es stand ein Abendessen im Oktoberfestmuseum an. Da das Wetter so schön war, gab es noch ein schnelles Halbes auf dem Viktualienmarkt davor.
Da das Museum gerade umgebaut wird, waren wir nur zum Essen & Trinken da und hatten noch einen schönen ersten Abend um uns alle besser kennenzulernen. Dabei wurde natürlich auch nochmal das Gelernte in der Praxis erprobt.
Tag 2 – Wasser, Hopfen & Malz – damit geht mehr als man denkt
Die Rohstoffe
Auch wenn es als Biersommelier mehr um die Sensorik geht als das Brauen selbst, muss man den Brauprozess natürlich gut kennen. Somit ist nicht nur der Brauprozess, sondern auch die einzelnen Rohstoffe ein wichtiges Thema der Ausbildung. Denn diese führen ja schlussendlich zu den vorhandenen Aromen und Geschmäckern.
Brauwasser
Wer hätte gedacht, dass das Wasser eine so große Rolle spielt und es der Grund ist, warum an verschiedenen Orten verschiedene Bierstile vorrangig vertreten sind. Deswegen heißt das Pils eben auch Pils. Wegen des Ortes Pilsen, wo weiches Brauwasser zu diesem Bier geführt hat.
Hopfen
Der Hopfen ist für die Bittere, den Schaum und die Haltbarkeit des Bieres verantwortlich. Wir lernen die Pflanze besser kennen und können die verschiedenen Produkte des Hopfens die zum Bier brauen genutzt live anschauen: Hopfendolden, Hopfenpellets & Hopfenextrakt.
Malz
Malz ist für die Farbe des Bieres verantwortlich. Bevor Malz zu Bier verarbeitet wird, wird das Malz erst einmal vermälzt. Ohne diesen Schritt wäre es nicht möglich ein alkoholhaltiges Getränk herzustellen.

Der Brauprozess
Neben den Rohstoffen spielen auch die einzelnen Schritte des Brauprozesses eine wichtige Rolle für den Biersommelier. Angefangen mit dem Einmaischen (Erwärmen des Wassers mit dem Malz) über das Läutern (Trennen der festen und flüssigen Bestandteile der Würze) bis zum Kochen des Hopfens nahmen wir die Schritte durch. Da der Brauprozess im übrigen Internet sehr gut beschrieben ist, verzichte ich hier auf eine detaillierte Beschreibung 😉
Deutsche Braugeschichte
Oder wie wir gelernt habe: Der Beginn der Zivilisation. Denn dadurch, dass 10 000 Jahren v. Christus die Menschen angefangen haben sesshaft zu werden um ihr Getreide für die ‚Bierproduktion‘ anzubauen, kam unser heutiges Zusammenleben zu stande. Steile These aber eindeutig logisch.
Deutsche untergärige Biere
Finally unser erstes größeres Bier Tasting. Deutsche untergärige Biere. Insgesamt hatten wir sieben verschiedene Biere und haben nach und nach ersteinmal jeder für sich die Biere angeschaut, gerochen und probiert. Danach haben wir gemeinsam die Biere beschrieben und überlegt was es für ein Stil sein könnte. Na kommt ihr auf sieben untergärige deutsche Biere?
Tag 3 – Orangenschokolade, Katzenpisse & stacheln
Unser Orangen-Schoko-Porter
Am dritten Tag geht es direkt morgens mit dem Reisebus nach Augsburg zur Brauerei Riegele. Dort dürfen wir auf der Probe-Anlage unseren eigenen Kurssud brauen. Am Tag davor haben wir über unseren Bierstil gesprochen und abgestimmt. Leider wurde der Vorschlag eines Black IPA nur mit wenigen Stimmen bedacht. Dafür hatte das Porter die überwiegende Mehrheit.
Was die Malzschüttung angeht haben wir uns geeinigt auf:
- 7% Hafermalz
- 10% Weizenmalz hell
- 40% Gerstenmalz hell
- 38% Gerstenmalz dunkel
- 5% Röstmalz
Damit wurde der Sud eingemaischt. Und für uns standen die ersten Biere der Brauerei bereit um verköstigt zu werden, wir sind ja schließlich auf einer Biersommelier Ausbildung 🙂

Bild: Klaus Wenderlein
Da wir unserem Porter noch einen special Twist geben wollten (weil Orangen-Schoki ja so gut schmeckt) haben wir uns beim Hopfen auf Citra, Mandarina Bavaria & Fuggle geeinigt. Nachdem wir den Sud geläutert haben, ging es für uns zum Mittagessen und danach zu einer Unterrichtseinheit die sich um die Off Flavours dreht.
Vorbereitung auf die erste Prüfung in der Ausbildung
Off Flavours sind Geschmäcker, die im Bier vorkommen können, aber nicht sollten. Ganz genau genommen gibt es drei verschiedene Gruppen Off Flavours. Die ersten sind einfach untypisch für das Bier. So wäre z.B. der bananige Geruch eines Weizens bei einem Pils untypisch. Die zweite Gruppe werden subjektiv bei Menschen als gut oder schlecht empfunden werden und die dritte Gruppe ist ein definitiv falscher Flavour.
Nach der Theorie ging es auch hier an die Praxis. Das erste mal, dass meine Freunde nicht neidisch waren auf mich und meine Ausbildung. Es gab also sechs kleine Becherchen mit Hellem und den Off Flavours die wir zuordnen sollten. Für mich war es bis auf sehr markante Flavours (Ranzig, was man schon von weitem gerochen hat) ziemlich schwer den jeweiligen Flavour rauszuschmecken. Bis auf Lichtgeschmack, den kennt jeder, der mal ein Becks getrunken hat 😀 Ein Flavour war auch Katzenpisse/schwarze Johannisbeere. Das isr ein subjektiv wahrgenommer Flavour. Manche riechen/schmecken eher die Johannisbeere und manche eher die Katzenpisse heraus.

Brauereiführung & Verkostung im Raritäten Keller
Während ein Azubi der Brauerei sich um unsere Hopfengaben kümmerte bekamen wir eine Führung durch die Brauerei. Neben der sehr alten Mühle, war das Zwickeln im Lagerkeller ein Highlight für mich. Wir sind durch den gekühlten, beleuchteten Keller gelaufen, im Hintergrund wurde ‚Freude schöner Götterfunken‘ gespielt und im Lagerraum gab es dann für jeden ein kleines gezwickeltes Bier. Zwickeln bedeutet, das Bier wird direkt am Lagertank gezapft und ist noch unfiltriert.
Als rundenden Abschluss gab es noch eine ‚kleine‘ Verkostung aller Brauspezialitäten der Riegele Brauerei. Zum Ende wurde dann noch eine Runde gestachelt bis es dann mit dem Bus wieder zurück nach Gräfelfing ging. Stacheln ist nichts unanständiges. Ein Eisenstab der über einem Bunsenbrenner erhitzt wird, wird in ein kühles Bier gesteckt und rumgerührt. Dadurch karamellisiert der Zucker und ein ganz tolles Geschmackserlebnis entsteht.


Tag 4 – Die erste Prüfung, warmes Bier & Beignet
Prüfung der Off Flavour
Am nächsten Tag ging es direkt mit Prüfung 1/5 los. Und zwar mussten wir die Off Flavours zuordnen. Da alle einmal vorkamen, ging das relativ gut und das ranzige Flavour musste ich nicht einmal probieren so ekelig war das.
Brauprozess Teil 2
Was im Bereich Brauprozess noch fehlt, waren die Prozesse im Kaltbereich beim Brauen und ein Rohstoff war auch noch offen: die Hefe. Außerdem lernten wir noch was bei der Gärung passiert, wie und warum man das Jungbier am besten lagert und warum Dosenbier das bessere Bier ist!
Deutsche obergärige Biere
Nach der Theorie ging es dann endlich wieder ans Biere tasten. Diesmal waren deutsche obergärige Biere dran. Total faszinierend wie viele unterschiedliche Biersorten es in Deutschland einfach gibt. Und am Ende trinkt doch jeder ein Pils oder ein Helles.

Englische Biere
Und weil die deutschen obergärigen Biere nicht genug sind steht danach noch die Theorie und Praxis Einheit zur Bierregion United Kingom an. Hier ist von Pale Ales über Porter bis zu Stout alles dabei.
Seminarabend
Nach dem Eintauchen in die Bierregion United Kingdom war der offizielle Teil des Ausbildungstages abgeschlossen und es stand der Seminarabend an. Bei diesem Abend konnte jeder ein Bier seiner Brauerei oder Region mitbringen und vorstellen. Der Clou war, dass wir nicht unsere sondern die Biere der anderen vorstellen sollten. Das war die erste Feuerprobe für unsere Bierpräsentationsprüfung. Unser Ausbilder von Doemens war praktischerweise kurz davor in Amerika bei einem Bier Wettbewerb und hatte dort einige, uns unbekannte, Biere mitgebracht.

Ich entschied mich nach langer Nervosität für das Beignet au Lait. Ich dachte es wäre ein Pastry Stout (Bier was nach süßer Mehlspeise/Nachspeise schmeckt) aber es war tatsächlich ein Imperial Blonde Ale von der Faubourg Brauerei aus New Orleans. Wie der Name schon sagt, kommen in diesem Bier die Gerüche & Geschmäcker von Beignets (Hefegebäck ähnlich Berliner) und Milchkaffee zusammen. Richtig gut! Da mir die Backwelt gut bekannt ist, waren die Gerüche und Geschmäcker für mich gut zu erkennen und das Bier war wirklich super lecker! Doch das Highlight des Abends folgte noch. Ich durfte nämlich zum ersten Mal in meinem Leben eine Flasche sablieren. Spannend! Und es hat direkt geklappt. Das Quadrupel in der Flasche war es definitiv auch Wert, mit so einem Spektakel geöffnet zu werden.
Tag 5 – Traumland Belgien
Belgische Biere
Nach dem langen Seminarabend ging es natürlich direkt am nächsten Morgen um 8 Uhr weiter mit der Bierregion Belgien. Wow! Ich muss sagen nach dieser Ausbildung bin ich totaler Fan von belgischen Bieren. Im November werde ich bei einem Bierfest in Antwerpen sein. Zum ersten Mal in Belgien und ich kann es jetzt schon kaum abwarten. Nach einem kurzen Theorieteil zu Trappistenbieren und den traditionelle Technologien in Belgien ging es dann auch ans probieren. Da in Belgien die meisten Biere in Flaschen nachvergoren werden, sind diese so spritzig und frisch, dass man den meist hohen Alkoholgehalt kaum merkt. Neben diesen hochprozentigen Bieren gibt es auch spontanvergorene Biere, das heißt, dass der Sud auf einen offenen Tray gegeben wird und auf herumfliegende Wildhefen wartet um vergoren zu werden. Dadurch entstehen Sauerbiere :)))) Nom nom!
Highlight für mich war auch das Orval. Ein Trappistenbier, das keinem Bierstil zugeordnet wird sondern sein eigener Stil ist. Die Biere schmecken mit den Jahren immer anders. Deshalb ist es so spannend die verschiedenen Jahrgänge zu testen. Für mich hat das Orval tatsächlich nach Mettbrötchen gerochen und geschmeckt. Aber im positiven Sinne.

Schanktechnik
Nach dem Ausflug nach Belgien kam noch das Thema Schanktechnik. Für mich eher schwierig zu folgen, aber dennoch super spannend wie viel schief gehen kann, wenn die Schankanlage falsch eingestellt ist.
Mit dem praktischen Teil der Schankanlage ging dann auch die erste Woche der Ausbildung zum Biersommelier zu Ende. Innerhalb dieser Woche hatte ich schon so viel neues gelernt obwohl ich schon eine gute Basis in Sachen Bier hatte. Aber gerade die ganzen unterschiedlichen Stile der verschiedenen Regionen waren ein ganz neues Feld für mich. Aber auch die Vielfalt der deutschen Biere war faszinierend. Hier im Norden ist es dann einfach das Pils, was getrunken wird. Aber die ganzen Böcke, Leichtbiere etc. wieder auf den Schirm zu bekommen war einfach super.
Ausblick
In der zweiten Woche ging es dann nach Bamberg. Die Bierstadt überhaupt! Es folgten natürlich viele weitere Tastings zum Beispiel zur Bierregion Amerika, zum Thema Bierkeller aber auch eine intensive Auseinandersetzung mit Bier & Food Pairing stand auf dem Zettel. Dazu dann mehr im zweiten Teil meines Blogartikels zu meiner Biersommelier Ausbildung bei Doemens. Stay tuned! Schreibt mir gerne in die Kommentare oder eine Mail wenn ihr Fragen, Anregungen etc. habt. Ich freue mich über den Austausch 🙂